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Passives Investieren & Aktives Stimmrecht – Ein Widerspruch?

In einem aufschlussreichen Interview von Scalable Capital trifft Jacob Hetzel, Head of Distribution bei Scalable Capital, auf Sebastian Schiele, Head of Passive Mandates Sales Europe & Asia Pacific bei DWS. Thema des Gesprächs ist die Verbindung von passivem Investieren durch ETFs und der aktiven Wahrnehmung von Stimmrechten bei den Unternehmen, in die investiert wird. Besonders wird darauf eingegangen, wie Fondsgesellschaften ihre Stewardship-Rolle ausüben und warum dies auch im passiven Investieren von zentraler Bedeutung ist.





Was ist Stewardship und Proxy-Voting?


Zu Beginn des Interviews erklärt Schiele den Begriff Stewardship, der die Verantwortung eines Asset-Managers beschreibt, die Interessen der Anleger durch die Teilnahme an Unternehmensentscheidungen zu vertreten. Dabei geht es vor allem um das Proxy-Voting, also das Abstimmen bei Hauptversammlungen der Unternehmen, in die die Fonds investiert haben. Da die Anleger bei ETFs und Fonds nicht direkt abstimmen, übernehmen die Asset-Manager diese Aufgabe treuhänderisch.



Warum ist Stewardship bei passiven Fonds so wichtig?


Im Vergleich zu aktiven Fonds, bei denen der Manager bewusst Unternehmen wählen oder ausschließen kann, sind passive Fonds an die Zusammensetzung eines Indexes gebunden. Ein wichtiges Druckmittel fehlt somit, da Unternehmen im Index nicht einfach entfernt werden können. Hier kommt das Proxy-Voting ins Spiel: Es wird zu einem entscheidenden Mittel, um die Unternehmensführung durch Abstimmungen zu beeinflussen. Dies erweist sich als besonders wichtig, um eine langfristig nachhaltige Unternehmensführung zu fördern und Fehlentwicklungen entgegenzuwirken.



Verschiedene Ansätze im Bereich Stewardship


Schiele stellt im Gespräch vier verschiedene Ansätze vor, wie Asset-Manager mit dem Thema Stimmrechtsausübung umgehen können:

  1. Outsourcing an einen Dienstleister: Asset-Manager können externe Dienstleister wie ISS oder Glass Lewis beauftragen, um das Proxy-Voting für sie zu übernehmen.

  2. Angepasste Voting-Strategien: Manager können ebenfalls einen externen Dienstleister engagieren, der jedoch eine auf ihre spezifischen Bedürfnisse zugeschnittene Voting-Strategie entwickelt.

  3. Manueller Ansatz: Ein eigenes Team des Asset-Managers analysiert Hauptversammlungseinladungen und trifft eigenständig fundierte Entscheidungen, wie bei der DWS.

  4. Keine Stimmrechtsausübung: Einige Manager verzichten auf die Teilnahme am Proxy-Voting, was von Schiele nicht als empfehlenswert betrachtet wird.


Die DWS folgt der dritten Strategie. Sie hat eine Fokusliste von 2.400 Unternehmen, die entweder große Positionen im Portfolio darstellen oder unter Nachhaltigkeitsaspekten besonders kritisch sind. Bei diesen Firmen wird aktiv in den Dialog getreten und gegebenenfalls auch kritisch gegen Management-Vorschläge gestimmt, was bei etwa 25 % der Fälle vorkommt.



Historische Entwicklung und aktuelle Bedeutung


Das Engagement bei Hauptversammlungen und die Ausübung von Stimmrechten existieren schon seit langem, doch in den letzten Jahren hat das Thema zunehmend an Bedeutung gewonnen. Insbesondere bei passiven Fonds ist die Erwartungshaltung der Investoren gestiegen, dass Asset-Manager ihre Stimmrechte im Sinne einer nachhaltigen Unternehmensführung wahrnehmen. Untersuchungen haben gezeigt, dass eine gute Governance sich auch positiv auf Umwelt- und Sozialaspekte eines Unternehmens auswirkt, was langfristig zu einer besseren Performance führt.



Worauf Anleger bei der Auswahl eines ETFs achten sollten


Sebastian Schiele rät Anlegern, sich bei der Auswahl eines ETFs genau über die Proxy-Voting-Politik der Fondsgesellschaft zu informieren. Dabei sollte man sich fragen, wie aktiv der Asset-Manager seine Stewardship-Rolle wahrnimmt und welche Ansätze zur Stimmrechtsausübung genutzt werden. Eine gut informierte Entscheidung ist der Schlüssel zu einem nachhaltigen Investment.



Persönliche Meinung zum Video


Das Video bietet einen tiefen Einblick in ein Thema, das vielen Anlegern im Bereich passives Investieren vermutlich nicht sofort bewusst ist. Besonders spannend fand ich die Klarstellung, dass passives Investieren nicht bedeutet, sich einfach zurückzulehnen. Stattdessen spielen Asset-Manager eine aktive Rolle bei der Wahrnehmung von Aktionärsrechten und beeinflussen so die Unternehmensführung – ein Gedanke, der den vermeintlichen Widerspruch zwischen passivem Investieren und aktivem Engagement nachvollziehbar auflöst.


Was mir weniger gefallen hat, war der teilweise sehr technische Sprachgebrauch, der für Einsteiger im Investment-Bereich schwer zu verstehen sein könnte. Ein paar anschaulichere Beispiele oder mehr Zeit, um die Begrifflichkeiten ausführlich zu erklären, hätten dem Interview gutgetan. Alles in allem bietet das Video jedoch wertvolle Informationen für Anleger, die sich nicht nur für die Rendite interessieren, sondern auch für die Wirkung ihrer Investitionen auf Unternehmen und die Gesellschaft.




Screenshot aus dem Video (Copyright: Scalable Capital)
Screenshot aus dem Video (Copyright: Scalable Capital)

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